VERFREMDUNG

Demonstrieren durch Demontieren! Laut Bertolt Brecht kennen wir keine Zeit, in der die Welt nicht aus den Fugen gerät. Jedoch bietet die Kunst eine geeignete Struktur die Unordnung der Welt wieder zu kitten. Worringers Bilderwelt führt das vor Augen: Überall spannen sich Schnüre, wird verbunden, sind gemaltes Kreppband und Aussparungen realer Klebestreifen. Ein Gespinst von Kompositionslinien und Flatterbandumgrenzungen hält eine Welt zusammen, die auseinanderdriftet. Überall Fragmente, flatternde Fetzen, die den Betrachter auffordern näher zu treten, sich nach oben zu recken, sich hin zu hocken, um Worringers Bilder zu erfassen. Diese Diskontinuität der Bilder wird begrenzt durch die Bildkanten selbst. Worringer nimmt das daraus resultierende Befremden auf sich. Nicht um durch Häufung von Unverständlichkeiten zu verwirren, sondern um Verständnis anzuregen.

Worringer versteht den Prozess des aktiven Sehens in den Künsten als „Ritual“ wie es Victor Turner in seinem „sozialen Drama“ formuliert. Der Künstler soll demnach ein – außerhalb der Gesellschaft stehender – Akteur sein. Seine Aufgabe ist es Unsicherheit und Labilität symbolisch zu töten, um so gesellschaftliche Krisen zu überwinden.